Brando - die Story

 

Brando

Es war im Frühjahr 1999 als einer der Ausbilder zu mir sagte: “okay Haffi, Du willst diesen Hund?

Du kannst ihn haben! Du musst mir aber versprechen, dass Du mit ihm regelmäßig trainierst und die Diensthundeausbildung nicht vernachlässigst. Dieser Hund ist etwas ganz besonderes,… er wurde speziell ausgebildet und ist nicht einfach zu führen. Und merke dir“, fuhr er fort, "dieser Hund ist zu schade, um nur in einer Grünanlage auf Fußstreife „Gassi“ geführt zu werden. "Du wirst das schon machen“, meinte er noch und fügte hinzu: „ich weiß, dass Du mit Brando viel Freude und dienstlich viel Erfolg haben wirst!“.

 

Von da an schwebte das Damoklesschwert über mir!

Oh Mann dachte ich, da hast Du dich jetzt aber auf etwas eingelassen!

Es stellte sich schnell heraus, dass Brando kein Hund für einen Anfänger war.

Das Tier war eine Waffe. Leichte Reizbarkeit und hohe Aggression zeichneten diesen kleinen, drahtigen Schäferhund aus.

Immer angespannt, immer wachsam und immer bereit zum Einsatz. Ich wusste, mit diesem Hund könnte ich im Ernstfall auch durch die Hölle gehen!



Und so ging ich mit meinem neuen Partner auf Streife.

U-Bahnhöfe, Bahnhofsvorplätze und dunkle Ecken wurden zu Fuß bestreift. Kollegen wurden bei Schlägereien unterstützt und bei geschlossenen Einsätzen wurde ganz vorne mitgekämpft:

1.Mai in Kreuzberg, Biermeile, linke Szene, rechte Szene, Fußballeinsätze und was sonst noch so kam. Oft mussten auch nach erfolgten Einbrüchen, Grundstücke und Gebäude nach Straftätern abgesucht werden.
Ebenso die Einbindung in den zivilen Streifendienst des Polizeiabschnitts 64 (StrD VB A64) und die Unterstützung der Operativen Gruppe Jugendgewalt der Polizeidirektion 6 (OGJ Dir 6 ), eröffnete Brando, den man dort als sogenanntes "taktisches Einsatzmittel" einsetzten konnte, effektive Erfolge, die nicht nur mir in Erinnerung geblieben sind.

 

 

 

 

 Während aller möglichen Einsätze hatte Brando zugepackt,…rechtmäßig natürlich!

Herausragende Einsätze sind für einen Diensthundführer aber immer die, bei dem man mit seinem Diensthund auf sich selbst gestellt ist und ein auf große Entfernung flüchtender Täter, nur durch den vierbeinigen Kollegen gestellt werden kann.

 

 

Ein solcher Einsatz ließ zu Beginn unserer Partnerschaft nicht lange auf sich warten.

 

Im Juni 1999 wurden gleich drei „Zeitgenossen“ nach erfolgtem Diebstahl an einem Kfz und anschließender Flucht, durch Brando gestellt. Zwei Monate später folgte vielleicht der spektakulärste Einsatz :

 

Kurz nach Dienstschluss, es war mitten in der Nacht und in Gedanken lag ich schon im Bett, bemerkte ich, dass Brando auf dem Beifahrersitz meines alten Mercedes sitzend, in Höhe des Berliner Tierparks seinen Blick in Richtung gegenüberliegender Bushaltestelle richtete. Seinem Blick folgend, sah ich zwei Personen, die auf einen am Boden liegenden Menschen eintraten. Es handelte sich um einen Raub, wie sich später heraus stellte, bei dem ein älterer Mann das Opfer war.

Plötzlich war ich hell wach: Vollbremsung,..war ja klar. Sprung aus dem Auto, Brando hinterher. Dazwischen zwei Fahrspuren für die eine, zwei für die andere Richtung. 

Ach ja,…zwei Schienenstränge für die Straßenbahn lagen auch noch dazwischen.

Und dann die Flucht der Täter in Richtung Gebüsch.

Was folgte, war die klassische „lange Flucht“,...nun wusste ich : einer der Täter hat auf alle Fälle verloren....

Auf den Strassen war nichts los, es war ja mitten in der Nacht.

Und los ging es: über die Fahrbahn, über die Straßenbahnschienen an der Bushaltestelle vorbei, dann über die andere Fahrbahn und schließlich…“Strike“(!),.."Einschlag" an einem der Täter.

Das Opfer lag inzwischen regungslos am Boden.

Dem ersten Täter gelang die Flucht,…

...den letzten beißen die Hunde ...!

Weitere, ähnliche Einsätze folgten im März 2000 und im Februar 2002. Dann die Versetzung nach Rheinland-Pfalz 2004. Dort wurden im deutsch-französischen Grenzbereich in einen Supermarkt eingebrochen.

 „Einbruch gegenwärtig, Täter wurde im Objekt gesichtet,…wer kann fahren ?“, kam es über Funk. „Okay“…hieß es, „Haffi,…mach DU das mit Brando!“

Was folgte, war die Absuche. Aber wo genau befand sich der Einbrecher?...und war bewaffnet? Die Frage wurde schnell geklärt:

er versteckte sich hinter einer Toilettentür, in der erhobenen Hand ein Fleischerhaken.

Der Täter versuchte Widerstand zu leisten, indem er auf uns los ging. Doch Brando löste, wie so oft, auch DIESES Problem …(!) 

Im Februar 2005 stand ich mit meinem vierbeinigen Partner, inzwischen um die Schnauze ergraut, bei meiner alten Dienststelle A64 wieder auf der „Matte“.

Etwas älter, etwas abgekämpfter, aber immer noch einsatzbereit.

Bis zu jenem Tag als mich Brando, mein treuer Gefährte, ohne zunächst ersichtlichen Grund attackierte und mir den rechten Arm zerbiss.

Der Grund dafür wurde bei einer tierärztlichen Untersuchung festgestellt.

Die Diagnose lautete: „Gehirntumor,…da können wir nichts mehr tun!!

 

Als ich das hörte, drehte sich der Boden unter mir, denn damit hatte ich nicht gerechnet.

Ich betrat den Behandlungsraum und sah ihn da liegen, meinen Partner der mich all die Jahre begleitete. Er war zur Untersuchung in ein Gestell eingespannt und in die Röhre geschoben. Und während unsere gemeinsamen Abenteuer in meinen Gedanken wie im Film abliefen, wußte ich : es war nun die Zeit Abschied zu nehmen.

Was in diesem Moment in mir vor ging, kann ich nicht mehr beschreiben. Aber ich erinnerte mich an den Ausbilder, der da einst sagte:

„Mit Brando wirst Du einmal viel Erfolg haben, er ist ein ganz besonderer Hund,. . .

 

. . . er hatte Recht behalten . . .( ! )

 

 

Lupo - Brando`s  Nachfolger

 

Nach BRANDO`s Tod war nichts mehr wie es war,...er markierte zugleich eine   persönliche Zeitenwende.

 

Mit der Übernahme von LUPO, BRANDOS Nachfolger, erfolgte nahezu zeitgleich  eine Umstrukturierung des Diensthundewesens, bei denen die Diensthundeführer der Direktionen, mit ihren Schutzhunden zu einer Art "Hundestaffel" zusammengefasst wurden.

 

Dies war zugleich das Ende der Diensthundeführer und ihrer Hunde, die bisher als "Einzelkämpfer" bei den Polizeiabschnitten angesiedelt waren.

Ausgedehnte, nächtliche Fußstreifen an Brennpunkten und individuelle Einsatzmöglichkeiten, abgestimmt auf die jeweilige Kriminalitätslage der Polizeiabschnitte, fanden von nun an nicht mehr statt . . .

. . . sie wurden Sklaven der Statistik und machten von nun an ihr eigenes (mehr oder weniger sinnvolles) "Ding".

 

Die Hatz auf statistische Zahlen nahm wahnwitzige Formen an und führte immer wieder zu gezielten "Gängelungen" durch Kollegen, die durch besonderes Engagement als DHF noch nie aufgefallen waren, die aber im Rahmen der Veränderungen im Diensthundewesen, über Nacht  eine administrative Karriere machten.

Die Diensthundeführer, die schon VORHER noch nie über die nötige Kreativität im Einzeldienst verfügten und denen die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten ihres eigenen Schutzhundes schon immer verborgen blieb, war es egal, sie konnten in der Masse abtauchen.

Verlierer waren solche Diensthundeführer, die sich zuvor bei ihren Polizeiabschnitten Anerkennung erarbeiteten und dort mit ihren Diensthunde schon immer gute Arbeit leisteten.

Erfolgreiche Schutzhunde im Einzeldienst gab es zwar erstaunlich wenige, aber RONNY und BRANDO gehörten zweifellos dazu.

 

Die Qualität der Polizeiarbeit, bei dem der Diensthundführer im Einzeldienst mit seinem Schutzhund effektiv arbeiten und glänzen konnte, waren also vorbei ...

 

... und es wurde Zeit, DIESER Art der Dienstauffassung und "Kollegialität", den Rücken zu kehren ...

 

 

 

 

     Zitat:

 " Das Wichtigste im Leben ist immer, zu wissen wo der Hinterausgang ist "

                                                                                   ( Wilhelm II., Deutscher Kaiser )         

Die Hintergrundmusik kann hier an -und ausgeschaltet werden